Selbstorganisation ist analog, auch im Zeitalter der Digitalisierung
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Digitalisierung ist nach wie vor eines der wichtigsten Schlagworte, mit denen derzeitige Trends in der Arbeitswelt beschrieben (oder angepriesen) werden. Sind Sie schon voll digitalisiert? Müssen Sie das sein? Und wenn ja, was heißt das für die Art, wie Sie arbeiten? Heißt fit für das digitale Zeitalter zu sein, sich in einen Roboter zu verwandeln? Oder sind wir ohnehin alle bald überflüssig? Was heißt denn Selbstorganisation im digitalen Zeitalter? Genug Fragen, versuchen wir es mal mit Antworten.
Was ist Digitalisierung?
Wie so oft lösen sich einige Probleme bereits, wenn man kurz über die Begriffe nachdenkt, die im Spiel sind: Die Frage, was Selbstorganisation im zunehmend digitalen Arbeitsumfeld bzw. unter den Bedingungen der Digitalisierung heißt, driftet leicht in philosophische Gefilde ab. Und zwar dann, wenn man “Digitalisierung” im Sinne einer die gesamte Welt umwälzenden Bewegung (eigentlich besser: “Digitale Revolution”) versteht.
Das ist durchaus interessant, aber wir wollen uns ja hier mit der Lösung praktischer Probleme beschäftigen. Und in diesen Praxis-Bereich kommt man ganz leicht zurück, wenn man den Begriff auf seine Grundbedeutung zurückführt.
Digitalisierung bedeutete ursprünglich, analoge Werte (z.B. handgeschriebene Texte auf Papier) in digitale Daten (Word-Datei) zu überführen, um sie digital speichern und weiterverarbeiten zu können.
Digitalisierung am Arbeitsplatz
Früher analog, jetzt digital. Wenn wir uns auf diese Formel einigen können, um die Digitalisierung für unsere Zwecke zu definieren, sind wir bereits da, wo wir hinwollen. Damit können wir alles beschreiben, was sich praktisch – hier mehr, dort weniger – an unseren Arbeitsplätzen tut bzw. verändert hat: Tätigkeiten, die früher auf analoge Weise ausgeführt wurden, werden nun mit Hilfe digitaler Technik erledigt.
Dafür gibt es Beispiele, die so normal geworden sind, dass wir sie beinahe schon nicht mehr der Digitalisierung zurechnen – wer schreibt nicht mehr E-Mails als Briefe? -, aber auch solche, die für viele von uns noch gewöhnungsbedürftig sind – Chatprogramme, Task-Management-Systeme, Firmen-Wikis und so weiter, von wirklicher Automatisierung ganz zu schweigen.
Selbstorganisation – digital oder analog?
Während die meisten von uns immer noch an Meetings teilnehmen, zu Kunden fahren oder sonstige analoge Tätigkeiten ausführen, findet gleichzeitig ein großer Teil unserer Arbeit mit Hilfe digitaler Werkzeuge statt. Das Verhältnis von “analogen” und “digitalen” Arbeitsanteilen ist so individuell wie unsere Berufe (und persönlichen Vorlieben) verschieden sind. Aber irgendwo in diesem digital-analogen Hybrid-Zustand befinden wir uns fast alle; die Tendenz zeigt für viele in Richtung digital. Für die Art und Weise, wie wir uns selbst und unsere Arbeit organisieren, heißt das genau genommen: Gar nichts.
Digitalisierung bedeutet für die Selbstorganisation: Gar nichts!
Nein, ich bin kein Technik-Verweigerer – immerhin lesen Sie ja gerade einen Blog-Artikel im Internet 😉 und meine zentralen Arbeitswerkzeuge sind – à propos hybrid – Outlook, Telefon und ein Tagesplan in Papier.
Der Punkt ist, dass auch die Digitalisierung der Arbeitswelt nichts an den Grundpfeilern einer guten Selbstorganisation geändert hat. Egal, ob ich in einem papierlosen Büro eines Online-Startups in Berlin-Neukölln arbeite, in der Kreditabteilung einer klassischen Bank oder in meinem eigenen Handwerksbetrieb:
Gute Selbstorganisation wird mir von keinem Werkzeug und keinem Vorgesetzten abgenommen.
Es geht immer zuallererst darum, wie ich selbst mit meiner Arbeit, meinem Umfeld und mit mir selbst umgehe. Die beste To Do-Listen-App kann ich genauso unsinnig und ineffizient benutzen wie einen Taschenkalender, und es ist auch egal, ob ich mich von meinem Handy oder meinen Kollegen ablenken lasse, wenn ich eigentlich konzentriert bei der Arbeit sein sollte.
Die Grundfertigkeiten guter Selbstorganisation
Selbstorganisation ist im Kern analog, denn es geht um mich selbst und ich bin keine digitale Lebensform. Natürlich muss ich mich mit digitalen Werkzeugen und weitergehenden Folgen der Digitalisierung unserer Lebenswelt auseinandersetzen. Und ja, die Verlockungen und (oft nur scheinbaren) Zwänge neuer Werkzeuge oder vermeintlich neuer Arbeitsmethoden sind real. Das Versprechen vieler digitaler Helfer, uns die Organisation unserer Arbeit abzunehmen, ist aber letztlich nicht einzulösen.
Das bedeutet, dass die Grundfertigkeiten, die bereits vor der Erfindung des Computers galten, nach wie vor den Weg zum erforderlichen Minimum an guter Selbstorganisation weisen:
- Reduzieren
- Sortieren
- Planen und Priorisieren
- Konzentriert arbeiten
Mehr zu diesen Grundfertigkeiten in der Serie: “4 Schritte zur Selbstorganisation”
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