Arbeit in der Elternzeit: Grundregeln & Tipps (2)
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In diesem Beitrag habe ich versucht, die Entscheidung “Arbeit in der Elternzeit – wollen wir das?” mit einigen Grundüberlegungen zu erleichtern. Nun gehen wir einen Schritt weiter: Wir haben uns entschieden, die Herausforderung Eltern-Teilzeit anzugehen und bald geht es los. Einige Grundregeln sollen uns dabei helfen, die neue Situation für unseren Nachwuchs und uns selbst zu einer schönen Zeit zu machen.
Im Zweifel geht das Kind vor, was sonst?
Es mag eine Selbstverständlichkeit sein, aber es kann helfen, wenn wir sie uns in ihrer Tragweite verdeutlichen:
Wir haben uns entschieden, ein Kind zu haben und sind nun für sie oder ihn verantwortlich.
Besonders in den ersten Monaten seines Lebens kann unser Kind ohne uns nicht existieren; das ist eine große Verantwortung. Sie verpflichtet uns nicht zum Perfektionismus (und Gott weiß, es fällt schwer, gerade hier nicht diesen hohen Anspruch an uns selbst zu haben), aber es bedeutet, dass im Zweifel die Bedürfnisse des Kindes vorgehen.
Vor das, was die Arbeit von uns fordert und – auch wenn das unpopulär ist und nicht aus der Balance geraten darf, denn wir sind ebenfalls wichtig! – oft auch vor unseren eigenen Bedürfnissen.
Ein Kind lässt sich nicht durchplanen wie ein Meeting mit Untergebenen.
Und unsere Teilzeit-Elternzeit wird voller Situationen sein, in denen der Plan nicht aufgeht, weil unser Kind eben gerade nicht “mitspielt”. Deshalb: Im Zweifel geht das Kind vor, was auch sonst? Und ich verspreche: Jedes einzelne Mal, wenn wir es geschafft haben, in einer Situation, in der Elternzeit und Teilzeit-Arbeit kollidieren, halbwegs entspannt zu bleiben, uns um das Kind gekümmert haben und die Arbeit eben kurz warten musste, werden wir im Nachhinein feststellen, dass sich die Erde trotzdem weitergedreht hat.
Nur das kontrollieren wollen, was wir kontrollieren können und sollten
Wenn ich überlege, was mir als Vater am schwersten fällt, ist es wohl die Tatsache, dass ich eben nicht alles kontrollieren kann, was meine Kinder betrifft. Genauso wenig wie ich die Freunde meiner Kinder aussuche, kann ich bestimmen, dass der Mittagsschlaf immer genau gleich lang dauert. Und ich kann zwar versuchen, die Wohnung auch in der Brei-Fütter-Phase immer auf Hochglanz zu halten, aber auch hier gilt: Der Tag hat nur 24 Stunden und ich muss mir überlegen, ob es sich wirklich lohnt, die Hälfte der Zeit mit dem Putzlappen in der Hand herumzurasen.
Elternschaft und eben auch Elternzeit bedeutet: Kontrolle abgeben, mal Dinge gut sein lassen. Das heißt nicht, Chaos zum gültigen Grundprinzip zu erklären! Eine vernünftige, regelmäßige Tagesstruktur ist zum Beispiel mit das wertvollste, was wir für das Zufriedensein unserer Kinder tun können, darin sind sich alle ernst zu nehmenden Experten (siehe unten) einig.
Aber es geht nicht darum, aus unseren Kindern kleine Soldaten zu machen.
Wenn jede Minute des Tages verplant ist, wie wollen wir unsere Kinder kennenlernen und sie uns? Also im Zweifel weniger vornehmen und nur das kontrollieren, was wir kontrollieren können. Denn wir können fast nichts von dem, was auf uns zukommt, wirklich kontrollieren, aber wir können kontrollieren, wie wir damit umgehen. Und je gelassener wir das tun, desto besser.
Getrennte Arbeitszeiten
Ja, ich habe mal im Prenzlauer Berg gelebt und ja, ich habe auch ab und zu zu den Vätern gehört, die E-Mails beantwortet haben, während mein Kind daneben im Sandkasten gespielt hat. Ich sage auch nicht, dass das immer falsch ist, aber mich hat dieses “Multitasking” auf Dauer nur gestresst und das hat meine Tochter genau gemerkt.
Ja, ich muss die zugesagte Arbeitszeit in der Elternzeit irgendwo unterbringen aber erstens nur im zugesagten Umfang und zweitens nicht zwingend dann, wenn mein Kind wach ist und meine Aufmerksamkeit möchte. Lässt sich das immer perfekt organisieren? Nein. Lässt sich das in der Regel vernünftig organisieren, wenn sich erst einmal ein vernünftiger Tagesrhythmus eingespielt hat. Ja. Es gibt Abende, Mittagsschlafzeiten, Wochenenden und im Zweifel, wir hatten es bereits gesagt, dreht sich die Welt weiter, wenn die Arbeit mal warten muss. Wirklich.
Vorsicht bei den Ratgebern!
Super-Nannies gibt es nicht nur im Fernsehen. Es gibt sie überall, die Väter und Mütter, die alles perfekt machen und deren Sendungsbewusstsein so groß ist, wie das eines evangelikalen Missionars. Und die Bücher über kindliche Entwicklung und Erziehung füllen ganze Buchläden. Ich weiß, das mag radikal klingen, aber ich habe für mich festgestellt, dass ich eigentlich nur aus 4 Quellen wirklich gute Ratschläge für mein Vater-Sein gezogen habe:
- Von meiner Frau (da habe ich einfach Glück gehabt)
- Aus meinem Bauch (es hat etwas gedauert, bis ich gelernt hatte, auf den zu hören)
- Aus “Babyjahre” des Schweizer Kinderarztes Remo Largo (wenn Sie nur ein Buch über Entwicklung und Erziehung kaufen, dann bitte dieses)
- Aus diversen Artikeln und Interviews des dänischen Familientherapeuten Jesper Juul (der Mann ist völlig zurecht so berühmt, wie er ist)
Aber was können wir praktisch tun, um Teilzeit-Arbeit und Elternzeit halbwegs unter einen Hut zu bringen? Dazu mehr im 3. und letzten Teil der Beitrags-Serie “Arbeit in der Elternzeit”.
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