Fußball ja, Kita nein: Familien-Alltag in Zeiten von Corona
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Es gab kürzlich eine Schlagzeile, die vielen Eltern in Berlin, aber auch sonst wo, ein zustimmendes “genau so isses” entlockt hat. Sie lautete ungefähr: “Unsere Kinder dürfen wieder ins Fußball-Stadion und in die Kneipe, aber nicht in Kita und Schule.” Etwa zwei Wochen später gibt es zumindest Teilzeit-Schule für viele Kinder und Teilzeit-Kita für wenige. Das ist gut für die Kinder, die wieder einen Lern- und Spielort außerhalb der elterlichen 4 Wände haben. Für viele Familien – vor allem dort, wo beide Eltern arbeiten – hat sich am Aufwand, der im Moment nötig ist, um einen Familien-Alltag mit noch kleinen Kindern zu stemmen, nicht allzu viel geändert.
4 Pläne in der Küche
Das Planen von Tag und Woche ist in Familien mit berufstätigen Eltern und Kindern im Kita-, bzw. Schulalter ohnehin eine notwendige Selbstverständlichkeit; in Zeiten von Home Office (wo denn möglich) und Homeschooling (meine Tochter sagt übrigens “Homeoffice” dazu – spricht Bände, oder ;-)) wird es, behaupte ich, überlebensrelevant. Und finden sich im Moment an den Tagen, an denen ich zum Arbeiten am Küchentisch platznehme, statt am Schreibtisch im Büro, gleich 4 Pläne im Raum: Der mit meiner älteren Tochter vereinbarte Wochen-“Stundenplan”, der die zu Hause zu erledigende Schul-Aufgaben sowie das tägliche Klavierüben umfasst. Dann der “Wer ist wann wo?”-Wochenplan, der mir sagt, an welchem Tag meine Frau und an welchem ich im Büro bzw. zu Hause bin, und außerdem die nachmittäglichen Verabredungen meiner Töchter mit je einer Freundin im kleinstmöglichen “Safe Circle” aufzeigt. Schließlich noch der “Wer kocht wann was”-Wochenplan, der täglich ein warmes Abendessen beinhaltet.
Planung und Freiheit
Dazu kommt, damit das alles für mich überhaupt funktioniert, mein Tagesplan, der im Moment eben auch mehr nicht-berufliches enthält und in den aus den genannten Wochenplänen das nötige für heute einfließt. Klingt nerdig und furchtbar? Zugegeben, wenn ich das so lese, wirkt es auch wie Overkill und vor allem furchtbar fehleranfällig. Bei der Fehleranfälligkeit hilft der Tagesplan, der im Prinzip auch die familiären Wochenpläne für mich auf den Tag herunterbricht. Ok, aber wo bleiben Freiheit und Selbstbestimmung, hätte mich vor 15 Jahren gefragt, als ich gern große Worte in den Mund nahm. Die Antwort lautet: Die diversen Pläne sorgen nicht nur dafür, dass alles irgendwie funktioniert. Sie machen das, was im Alltag an Freiheit “drin” ist, überhaupt erst möglich. Ein banales Beispiel: Wenn am Tag des Wocheneinkaufs (eigentlich ein Abend, nämlich der am Donnerstag) nicht klar wäre, was es an den nächsten 7 Abenden zu Essen geben soll, würde das Konzept des Wocheneinkaufs gar nicht aufgehen.
Jetzt oder nie!
Das war auch vor Corona so, aber in diesen Zeiten tut der samstägliche Extra-Einkauf aufgrund von spontanen Essens-Entscheidungen oder vergessenen Besorgungen einfach noch einmal deutlich mehr weh, weil dann eben noch mehr Zeit für Arbeit und/oder Familie fehlt. Planung, so die Erfahrung, die viele von uns im Moment am eigenen Leib besonders deutlich machen, ist nie wertvoller, als in komplizierten Zeiten. Und was für den familiären Alltag gilt, gilt genauso für einen besonders vollen Arbeitstag, gerade wenn viele verschiedene Dinge erledigt werden wollen. Wer sich mit dem Thema explizite Planung des eigenen Tages vielleicht bisher noch nicht anfreunden konnte, aber immer das Gefühl hatte, er/sie sollte eigentlich: Jetzt oder nie! Für alle anderen: Dranbleiben; es wird alles gut.
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